Freitag, 17. August 2012

Zwiefalten #1 - Blick auf das Münster

Tusche & Aquarell (India Ink & Watercolor)




















Zuerst wollte ich das Münster im hübschen Park der Münsterklinik skizzieren.
Im Schatten der Parkbäume bei der heutigen Hitze, das fand ich eine gute Idee -
aber weit kam ich nicht. Ein junger Patient der Klinik fragte mich ob ich Zigaretten hätte, was ich verneinte.
Ob er mir ansah, daß ich zufälligerweise Zigarillos dabei hatte, weiß ich nicht. Jedenfalls konnte er sich nicht vorstellen, daß ich 100%  "Nichtraucher" wäre und schließlich gab ich ihm eine Zigarillo - es war ihm egal, Hauptsache etwas zu rauchen - doch mein Feuerzeug ging nicht.


Ich ließ den jungen Mann alleine auf seiner Bank und suchte mir im Park einen schattigen Platz mit gutem Münsterblick. Ich wollte gerade mein Skizzenbuch aus meiner Tasche holen, da schlenderte mein neuer Freund auf mich zu - er hatte immer noch keinen Parkspaziergänger gefunden, der ihm hätte Feuer geben können - und setzte sich neben mich und fing an mit mir über  "Schlagerstars" zu fachsimpeln. 

Mein Skizzenbuch packte ich wieder in die Schultertasche und hörte mir seinen Lehrvortrag an:
Udo Jürgens ist der beste Sänger der Welt! Rex Gildo war der schlechteste Sänger der Welt.
Die Popgruppe PINK FLOYD ist ganz prima. Konstantin Wecker ist auch ganz prima. Drafi Deutscher ist nicht so gut und Roland Kaiser ist etwas besser als Howard Carpendale. "Howie" geht garnicht und Joe Cocker geht auch nicht, ebenso ABBA und  Elton John: No go!
Etwas später klärte er mich darüber auf, daß heutzutage kaum noch ein Mensch freiwillig etwas "geben" würde. Nicht mal einen Euro oder 'ne Zigarette, aber er würde immer geben und meine Zigarillo würde er auch eines Tages wieder gut machen - 
Er erzählte mir noch von seinen Freundinnen und seine Lieblingsfreundin ist die, die nicht so auf das "nackte Zeugs" steht, sie hätte ein anderes "System" und bei ihr müßte man ziemlich kämpfen - 
Ich war natürlich von "dieser Frau" begeistert und empfahl ihm sehr, sich auf diese Frau mit diesem tollen "System" zu konzentrieren!   
Er vertraute mir zum Schluß noch an, daß er vorher in der Psychiatrie in Reutlingen war, doch dort hatte er sich mit allen zerstritten (wer ihm doof kommt, wird verprügelt - Basta! - ob ich das auch so machen würde...?) und nun haben sie ihn in die Münsterklinik Zwiefalten gebracht.
Er bedankte sich aufrichtig für unser "tolles Gespräch, obwohl wir uns nicht kannten" - ich war sehr gerührt.

Ich suchte mir dann einen Malplatz oberhalb der Brauerei-Gaststätte und dachte mir:
Mit "gesunden Normalos" habe ich seit über 48 Stunden kein vernünftiges Wort mehr gewechselt, aber mit einem unbekannten, jungen "Psychiatrie-Patienten" plauderte ich heute über eine Stunde und verzichtete solange gerne auf das Malen.

Warum gelingen solche spontanen Gespräche so selten mit "gesunden Normalos"?
Ich vermute, weil sie zu "verkopft" oder zu "vornehm" sind - dieser junge Psychiatrie-Patient hingegen trug sein Herz auf der Zunge! 
              

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